Tarifa-Tanger-Casablanca

16.10.2016: Schon in Cadiz hatte ich herausgefunden, dass auch ab Tarifa eine Fähre nach Tanger fährt, so konnte ich mir die anstrengende Strecke von Tarifa nach Algeciras ersparen. Den Morgen habe ich in dem netten Hotel verbracht und habe dann die Fähre um 11 Uhr von Tarifa nach Tanger genommen. Es fahren viele Tagestouristen zum Teil in großen Gruppen nach Tanger, so dass viel Betrieb war. Für die Einreise musste ich ein Formular ausfüllen,  die Formalitäten wurden schon auf dem Schiff erledigt, wofür man fast während der gesamten Überfahrt, die  ca. 40 min dauerte, anstehen musste.

Anstehen für die Einreiseformalitäten nach Marokko
Anstehen für die Einreiseformalitäten nach Marokko

Hinter mir in der Schlange stand eine junge Marokkanerin, mit der ich ins Gespräch gekommen bin. Sie sprach Deutsch, weil sie in Saarbrücken BWL studiert. In den Semesterferien war sie zu Besuch bei ihrer Familie, die in Casablanca lebt. Von dort aus hatte sie für einige Tage ihre Schwester in Sevilla besucht und befand sich jetzt auf der Rückreise nach Casablanca. Sie hat mich dann begleitet und mir dabei geholfen, ein bestimmtes Hostel zu finden. Das Hostel lag mitten in der Altstadt, ein unübersichtliches Labyrinth voller Menschen und Läden. Es ging erstmal einen Hügel hoch, es war heiß, laut, unübersichtlich und irgendwie ein bißchen unheimlich und ich hatte noch das Fahrrad dabei.  Als wir kurz davor waren und die Straßen immer enger wurden, meinte sie, sie würde mir nicht empfehlen hier zu übernachten und wir sind wieder zurück gegangen. Inzwischen hatten wir auch einen kleinen Jungen als „Führer“, der uns dann noch durch einen noch engeren Markt geschleust hat, weil meine Begleiterin irgendwas einkaufen wollte. Von diesen „sogenannten Guides“ hatte ich schon viel Negatives gelesen. Ich war froh, als wir endlich aus der Altstadt raus waren. Ich weiß nicht, ob meine Begleiterin dem Jungen Geld gegeben hat, oder ob er sich nicht getraut hat, von einer Einheimischen für Hilfsbereitschaft Geld zu fordern.

Um zu verhindern, dass ich in anderen komischen Gegenden landete, schlug sie mir vor, ich könnte in einer Wohnung übernachten, die ihre Familie hier in Tanger besitzt. Die Wohnung steht leer und ist auch nicht möbliert, es gibt aber eine Matratze. Das Angebot habe ich gerne angenommen.

Inzwischen tat es mir leid, dass sie sich um mich soviel Gedanken machen musste. Ich sagte ihr, ich könnte auch in einem Hotel übernachten. Es sei nicht so, dass ich kein Geld hätte. Sie wäre normalerweise mit dem Taxi gefahren ich mit dem Rad, aber da ich ja nicht wusste wo die Wohnung ist und sie mir das auch nicht beschreiben konnte, sind wir noch ca. 15 Minuten entlang großzügig angelegter Straßen gelaufen und kamen schließlich zu einer Luxusimmobilie, die nach meinem Eindruck gar nicht oder kaum bewohnt ist.

Sie hat mir dann die Wohnung überlassen und mir die Schlüssel gegeben, die ich ihr morgen in Casablanca zurückgeben werde. Sie war dann in Eile, um noch ihren Zug zu erreichen. Ich fand das wirklich unglaublich nett von ihr, und habe mich gefreut, dass sie soviel Vertrauen zu mir hatte. Am nächsten Tag bei der Schlüsselübergabe hat sie mir gesagt, wenn ich nicht Deutsche gewesen wäre, hätte sie mir die Wohnung nicht gegeben, aber da sie die Deutschen kennt, weiß sie, das die meisten sehr zuverlässig sind.

Inzwischen hatte ich Hunger bekommen und bin nach draußen gegangen, wo ich viele Lokale gesehen hatte. In fast allen saßen ausschließlich Männer. Ich bin dann einfach irgendwo reingegangen, habe leckeres Essen für wenig Geld bekommen und kein besonderes Aufsehen erregt. Anschließend bin ich noch etwas durch die Stadt gelaufen, auch nochmal in die Altstadt, habe in einem Café die Stimmung auf mich wirken lassen und bin nur einmal von einem penetranten Typ angesprochen worden, den ich komplett ignoriert habe und ihn so auch losgeworden bin. Später bin nochmal mit dem Fahrrad losgefahren, um mich um die morgige Weiterfahrt nach Casablanca zu kümmern. Ich wäre gerne mit dem Zug gefahren, in dem ich aber leider mein Fahrrad nicht mitnehmen konnte.

Bahnhof in Tanger
Bahnhof in Tanger

Also blieb nur der Bus. Der Busbahnhof war nicht so edel wie der Bahnhof. Hier wieder lautes Chaos. Es gab ganz viele verschiedene Busgesellschaften, von denen ich die Einzige die ich kannte, ausgewählt habe. Ich wollte den ersten Bus um 8:45 Uhr nehmen (Ankunft in Casablanca um 14:30 Uhr).
Mit dem Rad bin ich dann noch zum Strand bzw. zur Strandpromenade gefahren. Hier kann man sitzen und sehnsüchtig nach Europa schauen.

Strandpromenade Tanger
Strandpromenade Tanger
Abendsonne in Tanger
Abendsonne in Tanger
Apartments ab 28.500 Euro, Investoren gesucht
Apartments ab 28.500 Euro, Investoren gesucht

Am nächsten Morgen früh aufgestanden, etwas gefrühstückt und in der Wohnung wieder alle Rollläden runtergelassen und den Strom ausgeschaltet.

Morgensonne in Tanger
Morgensonne in Tanger

Der Bus war ziemlich leer,  beim Einladen des Rades hat mir ein alter Mann geholfen, von dem ich dachte, er gehört zu der Busgesellschaft. Der hat sich aber so ungeschickt angestellt, das ich richtig ärgerlich geworden bin. Als er dann noch einen Euro haben wollte, was hier schon ziemlich viel Geld ist, habe ich ihm nur umgerechnet 30 Cent gegeben. Lieber hätte ich das Rad selber eingeladen. Beim Ausladen war es noch schlimmer: Inzwischen lagen einige Koffer auf dem Rad. Es kam wieder jemand, der sich nützlich machen wollte. Er hat versucht das Rad rauszuziehen, ohne die Koffer vorher weg zu nehmen. Ich hab die Krise gekriegt. Ihr seht, der Erholungseffekt meiner dreimonatigen Entspannungsreise kann hier innerhalb von Sekunden verrauchen.

Im Bus saß ein netter Mann neben mir, der (neben 4 weiteren Sprachen) fließend Deutsch sprach. Er hat mir während der ganzen Fahrt aus seinem Leben erzählt. Nur über seinen Beruf durfte er nicht sprechen (wahrscheinlich Polizei oder Geheimdienst). Als ich ihm von meiner Radtour erzählt habe, war er total sprachlos, sowas hätte er noch nie gehört. Das sei ja unglaublich, das könne doch gar nicht sein.

Mein freundlicher Sitznachbar, der in der Sicherheitsbranche tätig ist.
Mein freundlicher Sitznachbar, der in der Sicherheitsbranche tätig ist.

Einige seiner Aussagen hielten einer kurzen Internetrecherche leider nicht stand. Zum Beispiel meinte er, Casablanca sei die größte Stadt in Afrika und hätte um die 10 Millionen Einwohner. Ich konnte nicht glauben, dass Casablanca größer ist als z.B. Kairo. Wer es genauer wissen möchte: Wikipedia-Liste: Platz 12 mit 3,3 Millionen.

Auf der Fahrt von Tanger nach Casablanca habe ich einige Bilder durch die Frontscheibe des Busses gemacht, die leider nicht sehr sauber war. Für einen Eindruck von der Umgebung reicht es. Es ist verblüffend, wie wieviel spanische Einflüsse noch sichtbar sind, zum Beispiel in Form von Kirchen und sogar einer Stierkampfarena. Auch die Landschaft hat mich viel an Spanien erinnert. Es gibt viel Landwirtschaft und viele Gewächshäuser (Plastiktunnel).

Stierkampfarena in Tanger
Stierkampfarena in Tanger

Insgesamt bin ich erstaunt, wie gut die Infrastruktur (Straßen und Bahnstrecken) hier ist. Sogar eine Radwegmarkierung habe ich entdeckt, obwohl ich hier bisher kaum jemand auf dem Rad gesehen habe. Man sieht die gleichen Firmen wie überall in Europa, z.B. IKEA.

Ikea bei Casablanca
Ikea bei Casablanca
Dreispurige Autobahn
Dreispurige Autobahn
könnte auch in Spanien sein
könnte auch in Spanien sein
Radwegmarkierung, unglaublich
Radwegmarkierung, unglaublich

In Casablanca mit einer halben Stunde Verspätung angekommen, musste ich jetzt das Hotel finden, in dem wir die nächsten 2 Nächte im Rahmen der TAZ-Reise übernachten. Es war nicht weit vom Busbahnhof entfernt und mit Hilfe von Passanten, die ich  auf der Straße angesprochen habe und mit Google-maps habe ich das Hotel relativ schnell finden können. Als ich schon ganz nah dran war, sprach mich wieder jemand an, was ich suchen würde. Ich nannte ihm den Namen des Hotels und er meinte, dass sei sehr schwierig zu finden, aber er würde mir gerne helfen. Nein danke, ich suche lieber alleine.

Im Hotel habe ich unser geräumiges Zimmer bezogen und bin im nächstgelegenen kleinen Imbiss was essen gegangen. Gleich wird der Rest der Gruppe eintreffen und später hole ich Wolfi vom Flughafen ab. Ich freue mich, ihn nach so langer Zeit wiederzusehen.

4 Gedanken zu „Tarifa-Tanger-Casablanca“

  1. So aufregend wie es für dich auch war – du bist in Afrika angekommen. Ich habe herzlich gelacht über die Hilfsbereitschaft einiger Mitmenschen. Manches erinnerte mich an Somalia, nur war ich dort nicht mit dem Fahrrad unterwegs und erhielt täglich Verhaltensvorschläge meiner deutschen Mitbewohner – und das als Mann.
    Grüße
    Klaus

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  2. Glückwunsch, liebe Bettina!!!!!
    endlich habe ich die letzten Wochen deiner große Radreise gelesen und geschaut und war einfach baff. Wirklich super, dass du das geschafft hast und schön, dass du so viel Interessantes erlebt hast. In Casablanca hat sich ja wohl viel an Infrastruktur geändert, seit wir zuletzt dort waren ( einige Zeit bei der Familie von marokkanischen Freunden), aber die „Hilfsbereitschaft“ ist immer noch gleich nervend!!!
    Euch eine schöne Reise in einem interessanten Land! Gruß an Wolfgang, lasst es euch gut gehen!!!
    Moni und Ernst

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  3. Liebe Betti, ich fand deine Beschreibung über deine Busfahrt und dein Rad interessant. Tja, du bist nicht mehr in bekannten Gefilden und … du nimmst dich immer mit.
    Wahrscheinlich seid ihr jetzt auf Taz-Reise. Mensch wie die 3 Monate vergangen sind! Wir können gespannt sein was du darüber interessantes schreibst.
    Hier grassiert die Erkältungswelle. Ich gebe alles (Yogitee, Ingwetee und nicht zu viel Action) um fitt zu bleiben. Aber dieses Thema kommt bei dir hoffentlich nicht vor.
    Ich drücke dich und Wolfi, genießt alles.
    Liebe Grüße Andrea

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    • Liebe Andrea,
      wir sind jetzt seit einigen Tagen auf „Taz-Reise“. Leider hat mich seit drei Tagen ein Virus fest im Griff, der für Fieber, Magen-Darm Beschwerden und allgemeines Unwohlsein sorgt. Bin jetzt wieder auf dem Weg der Besserung.
      Liebe Grüße
      Betti

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