Besuch bei einer Siedlerin

Am 22.10.2014 im Anschluss an den Stadtrundgang in Nablus haben wir die jüdische Siedlung Rechalim besucht. Die Siedlung liegt im besetzten Westjordanland in einem C-Gebiet. Nach dem Völkerrecht hat Israel als Besatzungsmacht kein Recht dort Siedlungen zu errichten. Trotzdem werden viele Siedlungsprojekte von den israelischen Behörden genehmigt. Manche Siedlungen werden aber auch ohne Genehmigung der israelischen Regierung gebaut und sind damit „doppelt illegal“. In diese Kategorie fällt auch Rechalim. Im Jahr 2012 wurde die Siedlung wohl nachträglich vom israelischen Parlament für legal erklärt (kurzes Video).

Die Siedler berufen sich auf die Bibel und lesen diese als Grundbuch. Daraus leiten sie ihr Recht ab, dort zu leben. Die Siedlerin Frau Vered Ben Saadon hat uns ihre bewegende Lebensgeschichte dargestellt. Sie kommt ursprünglich aus Holland, ihre Großmutter ist eine Überlebende des Holocaust. Sie hat sich unter schwierigen Bedingungen mit ihrer Familie eine Existenz aufgebaut und ist von der Richtigkeit ihres Handels absolut überzeugt. Sie versteht auch nicht die negative Haltung, die viele Menschen in Europa gegenüber den Siedlern haben. Sie hält das für ein Ergebnis von Fehlinformationen. Die in der Presse dargestellten aggressiven Siedler seien eine Ausnahme, die Mehrheit sei ganz anders.

Von der 2-Staaten Lösung hält sie nichts, alle sollten in einem Staat zusammen leben. Alle, die Steuern zahlen und zum Militär gehen, sollen gleiche Rechte haben.

Ihre negative Einstellung den Palästinensern gegenüber wurde sehr deutlich als sie davon sprach, dass Sie koscheren Wein produziert, der sich, wie sie auf Nachfrage angab, dadurch auszeichnet, dass dieser Wein nur durch jüdische Hände gegangen ist.

In diesem Video kann man sich einen Eindruck von Frau Vered Ben Saadon bekommen wie sie mit viel Leidenschaft ihr Projekt vorstellt.

Es wird  ganz deutlich, dass sie ihren Anspruch auf das Land aus der Bibel ableitet, und den Erfolg ihres Projektes auch auf den göttlichen Segen zurückführt. Zum Erfolg des Projektes dürften aber auch solche Presseartikel   beitragen, die ihre Familie vorstellen.

Ich finde es erschreckend, dass noch heute viele neue Siedler aus Europa oder Amerika nach Israel kommen, während die palästinensische Bevölkerung, der das Land gehört, vertrieben wird. Das ist sicher auch auf die Bemühungen der zionistischen Bewegung zurückzuführen (Propaganda Video ).

Wir verlassen die Siedlung mit einem merkwürdigen Gefühl. Frau Vered Ben Saadon war den meisten von uns wahrscheinlich in gewisser Weise sympathisch. Wir haben auch den angebotenen Wein gerne getrunken. Aber als wir aus dem dunklen Kellergewölbe wieder raus in die Sonne kommen, umgeben von Zäunen und Wachposten,  wurde uns wieder bewusst wie hier die Randbedingungen des Lebens sind.

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