Santander – Böse Überraschung am Sonntagmorgen

Sonntag, 4.9.2016: Ich habe in einer Pilgerherberge in Santander übernachtet, die Herbergsmutter hat mir und einem anderen Radreisenden (Carlos)  als Fahrradabstellplatz folgenden Platz zugewiesen: Es handelte sich um einen Zugang zu einem Laden, der mit einem Metallgitter, das man herunterziehen konnte, gesichert war.  Hinter diesem Gitter sollten wir unsere Räder abstellen, das sah vertrauenserweckend aus. IMG_0542

Am nächsten Morgen, als wir um 7:30 starten wollten, begann der Tag mit einem kleinen Schock. Nachdem wir unsere Sachen zusammengepackt haben und uns mit unserem Gepäck zu unseren Rädern begeben haben musste ich feststellen:  Mein Rad war geklaut worden, während das Rad meines spanischen Bekannten (Carlos), das neben meinem Rad stand, noch da war. Ich konnte das gar nicht glauben. Carlos war sehr hilfsbereit und hat gleich die Polizei angerufen. Wir mussten dann noch in das Büro der Polizei fahren, um eine Anzeige aufzugeben. Ich bin mit dem Taxi gefahren, Carlos mit dem Rad (heul, schluchz). Nachdem alles aufgenommen wurde und alle sehr mitfühlend waren meinte einer der Polizisten, dass der Decathlon heute (obwohl Sonntag) ab 10 Uhr offen hätte. Falls ich mir dort ein neues Fahrrad kaufen wollte würden sie mich dorthin fahren. Leider war der Laden dann aber doch nicht offen (das war letzten Sonntag). Die Polizisten waren dann so freundlich und haben mich noch zurück in die Stadt zur Herberge gebracht.

Dort trafen wir dann auch die Herbergsmutter an, die von dem Diebstahl noch gar nichts mitbekommen hatte und gerade die Herberge schließen wollte. Sie schien auch leicht geschockt und konnte es gar nicht glauben. Ich konnte meine zwei unhandlichen Fahrradtaschen dann erstmal in der Herberge abstellen, die um halb drei wieder öffnen würde. Mit dem Tag konnte ich nicht mehr viel anfangen. Ich habe mir für die nächste Nacht erstmal über Airbnb ein Zimmer bei einer Familie gesucht, in der Herberge wollte ich nicht nochmal übernachten.

Um drei Uhr, nachdem ich mein Gepäck in der Herberge abholen konnte, habe ich mein Zimmer bezogen, und bin dann da bis abends nicht mehr rausgekommen. Ich musste mich erstmal mit dem Gedanken abfinden, dass ich kein Rad mehr hatte. Außerdem ist mit dem Rad auch noch mein Zelt und mein Helm verschwunden.

Ich hatte starke Erinnerungen an meine Reise nach Ecuador, als mir am 2. Tag alle meine Wertsachen gestohlen worden waren. Das Einzige, was ich damals noch hatte, war mein Reisepass. Ich hatte kein Geld und keine Möglichkeit, mir Geld zu besorgen. Die einzige Möglichkeit an Geld zu kommen waren Geldsendungen von Wolfi über Western Union. Das war erstens kostspielig und hatte zweitens zur Folge, dass man mit relativ viel Bargeld rumlaufen musste. Damals war ich nachhaltig in meiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt.

Das ist in dieser Situation glücklicherweise ganz anders, so dass mein Entschluss relativ schnell feststand zu versuchen, mir hier ein neues Rad zu besorgen mit dem ich meine Tour wie geplant (Nordspanien, Galizien, Portugal, Südspanien, Marokko)  fortsetzen könnte.

Am Montagmorgen habe ich dann mit virtueller Unterstützung von Nobbes und Wolfi, aus der Küche in Berlin, ein Rad finden können, dass meinen Vorstellungen entsprach. Es war allerdings gar nicht so einfach den Verkäufer in dem Laden dazu zu bringen, mir das Rad zu verkaufen. Das Rad sei nicht zum Verkauf nur zum Verleihen vorgesehen. Er hat mir dann am Computer gezeigt, welche Modelle es gäbe und welche Optionen ich hätte, mir ein Rad zusammen zustellen. Das Rad würde aus Portugal geliefert werden und könne in ca. 3 Tagen da sein. Mehrmals habe ich ihm gesagt, dass ich das Rad jetzt bräuchte und nicht 3 Tage warten wolle. Er war ziemlich hartnäckig, ich aber auch. Ich konnte ihn am Ende vielleicht damit überzeugen, dass es sich hier um einen Notfall handeln würde.

Glücklich habe ich dann den Laden mit neuem Rad, neuem Helm und einen ziemlich dünnen Schloß verlassen und war kurze Zeit später wieder startklar zur Weiterfahrt.

Mein neues Rad
Mein neues Rad

Inzwischen bin ich schon zwei Tage mit dem Rad unterwegs und bin sehr zufrieden damit.

5 Gedanken zu „Santander – Böse Überraschung am Sonntagmorgen“

  1. Das war ja ein Schock, unglaublich, wie du diesen verarbeitet hast und genau richtig gehandelt, in dem du dir ein neues Rad gekauft hast. „Nicht vom angedachten Weg abbringen lassen!“
    Meine Bewunderung hast du!

    Vielleicht hast du ja irgendwann zwei Räder?
    Mich hat nach meiner Ankunft hier der Alltag wieder, zunächst nur Arbeit im Schulgarten,
    morgen Konferenz.

    Bin gespannt, wie deine Reise weitergehen wird.

    Viele Grüße
    Klaus

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  2. Nobbes und Wolfi? Nein, das war früher, jetzt sind es Norbert und Wolfgang. Wir glauben doch alle, mal groß zu werden.
    Der arme Fahrradverkäufer, dachte tatsächlich er könnte den Vortrieb von Frau Bettina L. aus HH signifikant bremsen zu können, zugunsten einer schnöden Wertschöpfungsverbesserung – haha.
    Zum Schluß siegt die Marktwirtschaft, besser ein schlechtes als garkein Geschäft, und das Leben des Traums… . Weiter im Text, äh mit der Reise.
    Grüsse aus dem Speckgürtel eines Ballungsraums mit spriessendem Rasen

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