Ohne Obdach in Madrid

28.04.2023: Abreise zurück nach Porto und Weiterfahrt nach Vigo

Nach den entspannten Tagen in Pinhão am Douro geht die Reise weiter, allerdings nicht ganz so wie ursprünglich geplant. Eigentlich hätten wir gerne noch den Norden Spaniens in kleinen Schritten durchmessen, aber die ‚renfe‘ und ihr Regionalbahn Konzept (nicht existent) macht es nahezu unmöglich von Stadt zu Stadt zu fahren. Schnell hin und schnell weg, mit Reservierungen, über Madrid, läuft in Spanien. Beschauliches dahinzuckeln, bzw. die Möglichkeit der Erschliessung der Region mit Nahverkehrszügen ist eher die Ausnahme.
So verlassen wir das Douro Backpacker Hostel mit einem geänderten Konzept und streben an, Spanien möglichst zügig hinter uns zu lassen. Auch so etwas kann sich als kein ganz so einfaches Unterfangen herausstellen.

Wir starten Mittags mit dem Zug nach Porto und hatten vor, von dort am Abend nach Vigo in Spanien fahren. Wir brauchten allerdings eine Reservierung, die wir schon in Pinhão am Vortag versuchten zu bekommen. Dort war zwar ein Schalter‘beamter‘ der portugiesischen Eisenbahn aktiv, aber dieser konnte uns keine Reservierung geben weil es sich um einen internationalen Zug handelt. Dafür könnten wir die Reservierung am Bahnhof in Porto am „internationalen“ Schalter bekommen. In Porto angekommen haben wir uns zu dem entsprechenden Schalter begeben. Der Schalter war auch besetzt, allerdings mit einem Schild davor, dass er gerade geschlossen sei. Auf Nachfrage bei der Dame am Nachbarschalter, nationale Reservierungen, wurden wir gebeten zu warten. Das Warten wurde von Erfolg gekrönt, kurze Zeit später hielten wir stolz unsere (überraschenderweise kostenlose (10 Euro ‚gespart‘)) Reservierung in der Hand. In Porto haben wir dann noch eine kleine Stadterkundung gemacht. Ich habe die Clérigos-Kirche besichtigt, bin auf den Glockenturm (Torre dos Clérigos) geklettert und hatte von dort einen wunderschönen Ausblick.

Für Vigo war nur eine Übernachtung vorgesehen, am nächsten Tag sollte es nach Madrid weitergehen. Da wir jetzt wieder in Spanien waren, konnten wir die Reservierung nur hier am Schalter kaufen. Als wir ankamen war der Schalter bereits geschlossen. Also am nächsten Morgen wieder zum Bahnhof, für den Zug um 13:20 Uhr nach Madrid haben wir dann eine Reservierung bekommen. Zunächst wollte mir die Dame am Schalter erzählen, dass ich hier nur Fahrkarten aber keine Reservierungen kaufen könnte. Irgendwann hat sie dann verstanden, dass wir mit unsem Interrail-Ticket schon eine Fahrkarte haben.

In Vigo hatten wir noch einen schönen Abend und von der Stadt hatte ich einen viel besseren Eindruck, als damals, als ich hier mit dem Rad durchgefahren war.


Samstag, 29.04.2023: Im Zug auf dem Weg nach Madrid dann die Erkenntnis, dass wir schon wieder in eine Feiertagsperiode geraten waren (Montag und Dienstag Feiertag) und es für die Nacht keine bezahlbare Übernachtung mehr gab (für 400 Euro hätten wir vielleicht noch was bekommen können). Kurz bevor wir Madrid erreichten erzählte uns eine im Zug neben uns sitzende ältere Kanadierin, dass sie auch noch keine Unterkunft in Madrid hätte und auch nicht bereit sei 220 Euro für ein Bett im 8er Schlafsaal zu bezahlen. In der Konsequenz hieß das auch für uns, die lauschige Nacht im Freien zu verbringen. Bis um 1:30 Uhr saßen wir noch in einer belebten Gegend, Bier trinkend und Tapas essend, in einer Bar. Die an uns vorbeiziehenden Menschen habe ich darum beneidet, dass sie heute Nacht ein Bett haben. Die nächsten Stunden haben wir auf einer steinernen Parkbank gesessen, umgeben von einigen Nachtschwärmern, und dabei Podcasts gehört. Als es uns zu kühl wurde sind wir gegen 4:30 Uhr zum Bahnhof gegangen. Dort machte um 5 Uhr das erste Café auf. Als es hell wurde, sind wir um halb neun raus gegangen und haben vor dem Bahnhof eine schöne Wiese zum Schlafen gefunden. Auf der Wiese trafen wir noch einen jungen Mann, Michele, aus Italien, den wir in Sevilla im Hostel kennengelernt hatten. Er hatte auch keinen Schlafplatz gefunden. So ging es sicher vielen. So bekamen wir vielleicht eine Ahnung davon, wie das früher mit Interrail war.

Sonntag, 30.4.2023: Um 13 Uhr hatten wir eine Reservierung für einen Zug nach Girona, eine Station hinter Barcelona. Dort haben wir schon gestern ein schönes Hotelzimmer gebucht. Nach Ankunft haben wir in der nächstgelegenen Bar, das übliche Programm mit Bier und Tapas genossen um dann endlich in dem kuscheligen Bett, den fehlenden Schlaf nachzuholen. Nach der letzten Nacht sieht man so ein Bett mit anderen Augen und weiß es ganz anders zu schätzen.

Montag, 01.05.2023: Von Girona ging es wieder den gleichen Weg zurück nach Frankreich wie wir gekommen waren. Diesmal fuhr der spanische Regionalzug über Portbou in Spanien grenzüberschreitend hinaus bis Cerbere (Frankreich). Beim Verlassen des Zuges mussten wir uns am Bahnhof ausweisen. Hier scheinen innereuropäische Grenzkontrollen wieder eingeführt zu sein. Der Bahnhof Cerbere ist jedem zu empfehlen, der konkret wissen möchte wie es um die europäischen Beziehungen betreffend Bahnverbindungen bestellt ist. Frankreich hängt Spanien irgendwie genauso ab wie Portugal von Spanien abgehängt wird. Grenzüberschreitenden Bahnverkehr gibt es nur an der Mittelmeerküste, zur Zeit aber nicht an der Atlanktikküste. Betreffend Tourismus mit der Bahn gibt es offensichtlich noch reichlich Potential, bisher scheint wenig Interesse zu bestehen, Bahnfahren als Alternative zum Auto- oder Flugverkehr zu entwickeln.

Von Cerbere aus ging es mit dem Regionalzug Richtung Nimes. Eigentlich lief alles perfekt, bis es in Perpignan zu einer technischen Störung (irgendein Problem mit der Oberleitung) kam und wir am Ende etwa 4 Stunden Verspätung hatten. Als der Zug endlich losfuhr, hatten wir schon fast nicht mehr damit gerechnet, heute noch in Nimes in einem Hostel direkt am Bahnhof anzukommen.

4 Gedanken zu „Ohne Obdach in Madrid“

  1. Oh je, nach der Idylle am Douro eine Schwierigkeit nach der anderen. Aber, ihr habt sie gemeistert! Glückwunsch. Ist ziemlich frustrierend festzustellen, dass Europa lediglich eine Idee ist. Noch doofer ist die Erkenntnis, dass Nordspanien und Nordportugal mit der Bahn nicht bereist werden können.
    Die Nacht in Madrid hinterlässt hoffentlich keine bleibenden Schäden. Immerhin hat keine Ordnungskraft euch von der Bank gescheucht.

    Nun bin ich gespannt, ob ihr nach Bulgarien und Rumänien reist.

    Liebe Grüße Sabine

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  2. Ich hatte immer gedacht, die Deutsche Bahn sei besonders schlecht aufgestellt, was Digitalisierung angeht. Aber offenbar ist es in Spanien und Portugal nicht möglich, einen Zug online zu reservieren. Geht das tatsächlich nur am Schalter?
    Euch weiterhin eine gute Reise mit vielen schönen Momenten und ohne jeden weiteren Frust!

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  3. Oha, ihr Lieben, Madrid ist wohl sehr eigen im Umgang mit Gästen. Fehlende Schlafplätze erinnern mich auch an studentische Backpacker-Zeiten, aber jung macht einem das nicht so viel aus. Eher weniger schön also der Abschied von Spanien, aber ein Interrailer schaut immer nach vorne, auf das was kommt.
    Liebe Grüße
    Karl

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  4. Hallo ihr beiden, es war wieder spannend und unterhaltsam zu lesen, einfach auf dem Handy am Frühstückstisch zwischen sonstigen Mails und täglicher Raumvergabe ein bisschen die Gedanken und Bilder schweifen zu lassen ..
    liebe Grüße Marianne 🤗

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